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Abwasser neutralisieren - Prozess und Bedeutung

Vitalhelden Redaktion
Aktualisiert: 27. September 2023
Lesedauer: 4 Minuten

In Deutschland zeichnet sich das Trinkwasser durch eine herausragende Qualität aus. Wie Daten des Umweltbundesamtes (UBA) aufzeigen, erfüllen nahezu alle gemeldeten Wasserproben höchste Qualitätsstandards. Nur in seltenen Fällen werden Schadstoffe oder Mikroorganismen in Konzentrationen festgestellt, die über den festgelegten Grenzwerten liegen. Ein Hauptgrund für diese bemerkenswerte Qualität ist die sorgfältige und umfassende Aufbereitung des Abwassers durch die Wasserversorgungsunternehmen. Dieser Prozess wird durchgeführt, bevor Abwässer – darunter gebrauchtes Wasser aus Haushalten und gewerblichen Betrieben sowie Regen- und Schmelzwasser – erneut in natürliche Gewässer abgegeben werden.

Zudem sind nicht nur Wasserversorgungsbetriebe in den Prozess der Wasseraufbereitung involviert. Auch Industrie- und Gewerbebetriebe spielen eine zentrale Rolle, besonders wenn ihr Abwasser nicht pH-neutral ist. In solchen Fällen sind diese Betriebe verpflichtet, ihr Abwasser zu neutralisieren und somit sicherzustellen, dass es einen pH-Wert zwischen 6,5 und 9 aufweist, bevor es ins Kanalnetz eingeleitet wird. Dieses gemeinsame Engagement gewährleistet die hohe Qualität unseres Trinkwassers und schützt die Umwelt.

Warum muss Abwasser neutralisiert werden?

In modernen Kläranlagen wird Abwasser nicht nur mechanisch und chemisch, sondern auch durch spezielle biologische Prozesse gereinigt. Im Zuge dieser biologischen Reinigung setzen aerobe Bakterien und Mikroorganismen organische Substanzen in Biomasse und Kohlendioxid um. Es ist jedoch zu beachten, dass Abwässer aus Industrie- und Gewerbeunternehmen, wenn sie nicht zuvor angemessen behandelt wurden, potenziell schädliche Säuren und Basen mit korrosiven Eigenschaften enthalten können. Diese können die empfindlichen Mikroorganismen in der biologischen Reinigungsstufe erheblich schädigen und deren Effektivität beeinträchtigen.

Daher sind viele Industrie- und Gewerbebetriebe mit speziellen Abwasserneutralisationsanlagen ausgestattet. Diese Anlagen dienen dazu, das Abwasser zu neutralisieren, bevor es zur weiteren Behandlung an Kläranlagen weitergeleitet wird. Die Einbindung solcher Neutralisationsanlagen ist somit essenziell, um die optimale Funktion und Langlebigkeit der Kläranlagen sicherzustellen.

So funktionieren Abwasserneutralisationsanlagen

In der Chemie bezeichnet die Neutralisation den Prozess, in welchem eine Base und eine Säure miteinander reagieren. Hierbei neutralisieren sie sich wechselseitig, wodurch eine neutrale Lösung mit einem pH-Wert von 7 entsteht. Für diese Neutralisationsprozesse werden in der Regel gängige Neutralisationsmittel wie  Natronlauge (NaOH), Salzsäure (HCl) oder auch Schwefelsäure (H2SO4) eingesetzt.

Wird eine Neutralisation beabsichtigt – beispielsweise von Abwässern mit korrosiven Eigenschaften – so passieren diese das Innere eines speziell konzipierten Neutralisationsreaktors. In diesem Reaktor sorgt ein effizientes Rührwerk für die optimale Vermischung des Abwassers mit dem jeweiligen Neutralisationsmittel, sei es eine Säure oder eine Lauge. Ein wesentlicher Vorteil moderner Neutralisationsanlagen besteht darin, dass sie mit einem eingebetteten pH-Sensor ausgestattet sind, welcher in Echtzeit den aktuellen pH-Wert ermittelt und somit exakt bestimmt, wie viel Neutralisationsmittel hinzugegeben werden muss.

Sobald der angestrebte pH-Wert erreicht ist, erfolgt eine erneute Messung zur Validierung des Ergebnisses. Diese Messung wird mittels eines separaten Digitalschreibers festgehalten. Es ist dabei von essenzieller Bedeutung, dass für die Endkontrolle des pH-Wertes eine andere Messsonde verwendet wird als diejenige, die für die anfängliche Regelung des pH-Wertes zuständig ist.

Gut zu wissen:

Das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) regelt u.a. den Schutz und die Nutzung von Oberflächen- und Grundwasser. 

Wasserhaushaltsgesetz (WHG) enthält Nachweispflicht

In Deutschland sind Unternehmen, die mit erheblichen Mengen an problematischen Abwässern zu tun haben, durch das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) zu einer konsequenten Dokumentationspflicht angehalten. Dieses Gesetz legt fest, dass zum Schutz der empfindlichen Mikroorganismen in den Kläranlagen, Unternehmen sicherstellen müssen, dass das in die Kanalisation eingeleitete Abwasser einen pH-Wert besitzt, der innerhalb der vorgegebenen Normen liegt. Überdies müssen Betriebe präzise Aufzeichnungen über das Volumen des täglich eingeleiteten Abwassers führen.

Frau an Anlage
Bildquelle: anandaBGD / istockphoto.com

Um dieser umfassenden Dokumentationspflicht gerecht zu werden, setzen die Unternehmen spezielle, behördlich zugelassene Aufzeichnungsgeräte ein. Diese Geräte erfassen kontinuierlich sowohl den aktuellen pH-Wert des Abwassers als auch dessen Einleitmenge. Auf diese Weise wird nicht nur sichergestellt, dass die gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden, sondern es wird auch eine lückenlose Dokumentation ermöglicht, die bei Kontrollen und Überprüfungen von Relevanz ist.

Einsatzgebiete von Abwasserneutralisationsanlagen

Neutralisationsanlagen sind technische Einrichtungen, die in Deutschland in verschiedenen Industriezweigen von zentraler Bedeutung sind. Ihr Hauptziel besteht darin, Abwässer so zu behandeln, dass sie ein für Kläranlagen unbedenkliches pH-Niveau aufweisen. Insbesondere in folgenden Branchen sind diese Anlagen von zentraler Bedeutung:

  • In der Lebensmittel- und Getränkeindustrie
  • Bei Großküchenbetrieben
  • In chemischen sowie medizinischen Laboreinrichtungen
  • In Papierproduktionsstätten
  • In Molkereibetrieben
  • In Schlacht- und Verarbeitungsbetrieben
  • Im Bereich der Oberflächentechnik, wie  in Galvanisierwerken
  • In Betrieben, die sich mit Färbeprozessen beschäftigen
  • Und in Beizereien, die Materialien chemisch vorbehandeln.

Überdies sind Neutralisationsanlagen nicht ausschließlich auf die Behandlung von Abwässern beschränkt. Sie finden auch in Produktionsprozessen Anwendung, in denen Wasser mit einem spezifischen pH-Wert erforderlich ist, um die gewünschte Qualität und Konsistenz des Endprodukts sicherzustellen.

Quellen & Weiterführende Informationen
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