Der leichte Geruch von Chlor im Leitungswasser kann verunsichern und erinnert viele an einen Besuch im Schwimmbad. Doch was bedeutet es, wenn unser Trinkwasser gechlort wird? In Deutschland unterliegt die Wasserqualität strengen Kontrollen, und der Einsatz von Chlor ist eine wichtige Maßnahme, um die Sicherheit zu gewährleisten.
Warum wird Chlor im Trinkwasser verwendet?
Chlor ist ein äußerst wirksames und kostengünstiges Desinfektionsmittel. Seine Hauptaufgabe in der Trinkwasseraufbereitung ist es, schädliche Krankheitserreger wie Bakterien, Viren und andere Mikroorganismen abzutöten. Damit wird die Verbreitung von wasserbasierten Krankheiten wie Cholera oder Typhus verhindert.
Die Wasserversorger setzen Chlor gezielt ein, um die mikrobiologische Reinheit des Wassers von der Aufbereitungsanlage bis zu Ihrem Wasserhahn zu gewährleisten. Dies geschieht vor allem in folgenden Situationen:
Mehr Chlor im Trinkwasser
- Nach starken Regenfällen: Heftige Niederschläge können Oberflächenwasser, das möglicherweise mit Keimen verunreinigt ist, in die Trinkwasserreservoirs spülen. Eine Stoßchlorung hilft, diese Verunreinigungen zu neutralisieren.
- Bei Reparaturen am Leitungsnetz: Nach Rohrbrüchen oder Wartungsarbeiten werden die Leitungen gespült und desinfiziert, um das Eindringen von Bakterien zu verhindern.
- Als präventive Maßnahme: Einige Wasserwerke nutzen eine minimale, dauerhafte Chlorung (Depot-Chlorung), um die Wasserqualität im weitverzweigten Rohrnetz konstant hochzuhalten.

Desinfektion mit Chlor (Bildquelle: ID 381502980 barks / depositphotos.com)
Der wichtigste Indikator für eine bakterielle Verunreinigung ist das Bakterium E. coli. Laut deutscher Trinkwasserverordnung (TrinkwV) darf in 100 Millilitern Wasser kein einziges E. coli-Bakterium nachweisbar sein. Trinkwasserchlorung stellt sicher, dass dieser strenge Standard eingehalten wird.
Gesundheitliche Aspekte: Ist Chlor im Leitungswasser schädlich?
Die gute Nachricht vorweg: In den in Deutschland üblichen Konzentrationen ist Chlor im Trinkwasser für den Menschen unbedenklich. Das Wasser kann ohne Sorge getrunken und zur Zubereitung von Speisen verwendet werden. Der wahrnehmbare chemische Geruch oder Geschmack ist für die meisten Menschen lediglich ungewohnt, aber kein Zeichen für eine Gefahr.
Allerdings entstehen bei der Reaktion von Chlor mit organischen Stoffen im Wasser sogenannte Desinfektionsnebenprodukte, wie zum Beispiel Trihalogenmethane (THM). Einige dieser Stoffe, wie Chloroform, werden als potenziell krebserregend eingestuft.
Für bestimmte Personengruppen wird zur Vorsicht geraten:
- Schwangere, Stillende und Säuglinge: Obwohl keine eindeutigen Beweise für eine Schädigung vorliegen, wird empfohlen, den Konsum von stärker gechlortem Wasser vorsichtshalber zu vermeiden. Das Immunsystem und der Organismus von Ungeborenen und Kleinkindern sind besonders empfindlich.
- Personen mit Vorerkrankungen: Menschen mit Atemwegserkrankungen oder schweren Allergien könnten empfindlicher auf Chlor und seine Dämpfe reagieren.
Grenzwerte und Regelungen für die Verwendung von Chlor
Die Qualität unseres Trinkwassers wird durch die deutsche Trinkwasserverordnung (TrinkwV) geregelt, die auf der EU-Trinkwasserrichtlinie basiert. Diese Verordnung legt strenge Grenzwerte fest, um die Gesundheit der Verbraucher zu schützen.
Regelungen in Deutschland
- Chlor: Der Grenzwert für die Zugabe von freiem Chlor liegt bei 0,3 Milligramm pro Liter (mg/L). In Ausnahmefällen, etwa bei akuter Keimbelastung, kann dieser Wert kurzzeitig und mit Genehmigung des Gesundheitsamtes überschritten werden.
- Trihalogenmethane (THM): Die Gesamtkonzentration für THM ist auf 0,05 mg/L begrenzt.
Diese Werte sind so niedrig angesetzt, dass auch bei lebenslangem Konsum keine gesundheitlichen Schäden zu erwarten sind.
Internationale Standards für gechlortes Trinkwasser
Im globalen Vergleich sind die deutschen Vorschriften sehr streng. In vielen anderen Ländern, darunter die USA, Australien oder Großbritannien, sind deutlich höhere Chlorkonzentrationen zulässig. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt beispielsweise einen Grenzwert für Chlordioxid von bis zu 5,0 mg/L. Auch wenn das Wasser in diesen Ländern keimsicher ist, kann der starke Chlorgeruch und -geschmack für Reisende aus Deutschland gewöhnungsbedürftig sein.
Wie lässt sich Chlor im Trinkwasser reduzieren?
Auch wenn gechlortes Wasser gesundheitlich unbedenklich ist, stören sich viele Menschen am Geschmack oder Geruch. Es gibt einfache Methoden, um den Chlorgehalt im Leitungswasser zu Hause zu reduzieren.
- Wasser stehen lassen: Füllen Sie das Wasser in eine offene Karaffe und stellen Sie es für einige Stunden in den Kühlschrank. Da Chlor ein flüchtiges Gas ist, entweicht es mit der Zeit von selbst aus dem Wasser.
- Wasser abkochen: Durch das Erhitzen des Wassers verdampfen Chlorverbindungen schneller. Ein kurzes Aufkochen genügt in der Regel, um den größten Teil des Chlors zu entfernen. Diese Methode ist jedoch energieintensiv.
- Wasserfilter mit Aktivkohle: Die effektivste Methode ist die Filtration. Wasserfilter, die mit Aktivkohle arbeiten (z.B. in Tischkannenfiltern, fest installierten Systemen oder Trinkflaschen), binden Chlor und andere geschmacks- und geruchsstörende Stoffe zuverlässig. Das Ergebnis ist weiches, geschmacksneutrales Wasser.
In Deutschland sind solche Filter in der Regel nicht notwendig, da die Wasserqualität ausgezeichnet ist. Wer jedoch den Geschmack verbessern möchte, findet hier eine praktische Lösung.
Häufige Fragen und Antworten
Ja, in den in Deutschland zugelassenen Konzentrationen ist gechlortes Trinkwasser sicher und gesundheitlich unbedenklich. Die Grenzwerte für Trinkwasserqualität sind sehr streng und werden kontinuierlich überwacht.
Ein leichter Chlorgeruch deutet darauf hin, dass der Wasserversorger das Wasser desinfiziert hat, um Keime abzutöten. Desinfektion geschieht oft nach starken Regenfällen oder bei Wartungsarbeiten am Netz und dient Ihrer Sicherheit.
Nein, ein Abkochen ist nur notwendig, wenn das zuständige Gesundheitsamt eine offizielle Abkochempfehlung herausgibt. Dies geschieht bei einer extremen bakteriellen Verunreinigung. Ansonsten können Sie das Wasser direkt aus dem Hahn trinken.
Chlor ist flüchtig und verfliegt mit der Zeit. Wenn Sie Wasser in einer offenen Karaffe stehen lassen, ist der Großteil des Chlors bereits nach wenigen Stunden entwichen.
Experten raten zur Vorsicht. Obwohl es keine eindeutigen Beweise für eine Schädigung gibt, sollten Schwangere und Eltern von Säuglingen bei stärker gechlortem Wasser vorsichtshalber auf abgepacktes Wasser zurückgreifen oder das Leitungswasser filtern.
Ja, Wasserfilter mit Aktivkohle sind sehr effektiv darin, Chlor und seine Nebenprodukte aus dem Trinkwasser zu entfernen. Sie verbessern dadurch den Geschmack und Geruch des Wassers deutlich.
- Trinkwasserverordnung (2023) - aktuelle Fassung TrinkwV
- Die Presse (2018) - Chlorgas: Das leicht herstellbare Gift
- Umweltbundesamt (2011) - Babyschwimmen: Asthmagefahr durch Desinfektion mit Chlor?
- Umweltbundesamt (2024): Aufbereitungsstoffe und Desinfektionsverfahren
- Greenpiece e.V. (1995): Chlor macht Krank
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