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Ayurvedische Ernährung – was ist das, was bringt sie und wie funktioniert sie?

Vitalhelden Redaktion
Aktualisiert: 12. Juli 2023
Lesedauer: 9 Minuten

Die körperliche und geistige Gesundheit ist in der heutigen Gesellschaft zu einem der wichtigsten Themen geworden. Zumeist geht es dabei vor allem um einen Ausgleich zum stressigen Arbeitsalltag bei dem genügend Bewegung und Entspannung oft auf der Strecke bleiben. Ein Kernaspekt des Ganzen ist die Ernährung, wobei Experten häufig auf darauf hinweisen, dass die Ernährungsweisen vieler Menschen heutzutage ungesund sind.

Ein Gegenentwurf dazu sollen die unzähligen Trends sein, die immer wieder in Illustrierten, sowie im Internet und sozialen Medien kursieren. Entgiftung, basische Ernährung oder Heilfasten sind dabei nur einige Stichworte. Immer populärer auch in der westlichen Gesellschaft wird zudem die ayurvedische Ernährung – ein Begriff, der sich anders als viele andere nicht selbst erklärt. Was also steckt hinter der ayurvedischen Ernährungsform und was bringt sie?

Was bedeutet ayurvedisch überhaupt?

Das Adjektiv ayurvedisch entstammt aus dem weitreichenden Themengebiet Ayurveda (selten auch Ayurweda). Ayurveda ist eine klassische Heilkunst aus Indien, die eine jahrtausendealte Tradition besitzt und auch heute noch zur gängigen Praxis in Indien sowie auch in Nepal und Sri Lanka gehört. In diesen Ländern wird sie sogar als wissenschaftliche Heilmethode gelehrt und entsprechend hoch angesehen, während sie in der westlichen Kultur häufig eher einen Wellness-Charakter besitzt.

Übersetzt bedeutet Ayurveda „Wissen vom Leben“ oder „Lebensweisheit“ (veda – Wissen, ayur – Leben). Insofern handelt es sich dabei um ein ganzheitliches System, dass mehr als nur die Ernährung umfasst. Zur ayurvedischen Praxis gehören beispielsweise auch Massagen, Reinigungsprozesse und Achtsamkeits- sowie Körperübungen wie etwa Yoga. Allerdings stellt die Ernährung das bedeutsamste Element dar und soll dazu dienen, dass der Körper ausgewogen und dadurch grundsätzlich gesund ist.

ayurvedische Wellnesszeremonie
Ayurveda beschreibt eine ganzheitliche Heilkunst aus Indien, die auf Jahrtausende der Tradition zurückblickt. (Bildquelle: ID 84002340 poznyakov / depositphotos.com)

Was genau ist ayurvedische Ernährung?

Du bist, was du isst – dieses geläufige Sprichwort entspricht in gewisser Weise ganz dem ayurvedischen Ernährungskonzept. Laut der deutschen Ärztegesellschaft für Ayurveda-Medizin e.V. hat die Nahrung die Aufgabe, den Körper mit Baustoffen und essentiellen Substanzen wie Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen zu versorgen. [1] Dabei hat die Verdauung, das „Agni“ (Verdauungsfeuer), einen hohen Stellenwert und wird im Ayurveda als ganzkörperlicher Prozess angesehen, der je nach Zeit, Umfeld und körperlicher Verfassung unterschiedlich gut funktioniert.

Betrachtet man weiterhin die zehn Grundprinzipien der ayurvedischen Ernährung, wird deutlich, dass diese in vielen Teilen einer heute als gesund geltenden Ernährung entsprechen:

  1. In Maßen genießen: Zu viel Essen führt zu Störungen der Verdauung. Daher soll stets mäßig gegessen und der Magen nie ganz gefüllt werden.
  2. Mahlzeiten selbst zubereiten: ein frisches und eigenhändiges Zubereiten der Speisen führt zu einer bewussteren Ernährung und zu möglichst vielen warmen Mahlzeiten. Zumindest Mittag- und Abendessen sollen warm sein, da dies die Verdauung begünstigt.
  3. Auf gute Qualität achten: Jede Nahrung soll hochwertig und frisch sowie achtsam angerichtet sein. Ideal sind Lebensmittel aus der Region und Saison sowie ohne jegliche Schad- oder Zusatzstoffe durch Insektizide oder Konservierungsmittel.
  4. Passende Nahrung wählen: Die Nahrung soll an den eigenen Vorlieben und Toleranzen ausgerichtet sein, wobei auch die Konstitution und momentane gesundheitliche Bedingungen ausschlaggebend sind.
  5. Essen und Trinken trennen: Jeweils eine Stunde vor und nach dem Essen nichts zu trinken, halten das Agni in Gang. Allerdings darf unmittelbar vor beziehungsweise beim Essen zumindest ein warmer Kräutertee in kleinen Schlücken zur Verdauungsförderung getrunken werden.
  6. Regelmäßig und ohne Zwischenmahlzeiten essen: Die Einnahme der Hauptmahlzeiten soll in einem regelmäßigen Rhythmus geschehen, während Zwischenmahlzeiten ausbleiben. Generell soll erst gegessen werden, wenn die vorherige Mahlzeit verdaut ist.
  7. Alle sechs Geschmacksrichtungen bedienen: Im Ayurveda gibt es sechs Geschmacksrichtungen – süß, sauer, salzig, scharf, bitter und herb. Wenn sie alle in einer Mahlzeit vereint sind, so gilt diese als ausgewogen, was stets als Ideal gilt.
  8. In guter Atmosphäre essen: Im Zuge der bewussten Wahrnehmung und Achtsamkeit sollen Mahlzeit in angenehmer Atmosphäre und Gesellschaft eingenommen werden. Allerdings soll dabei Stille herrschen, damit sich auf das Essen konzentriert wird.
  9. Ruhig essen und viel kauen: Auch dieser Grundsatz entspricht der Mäßigkeit und Achtsamkeit. Gegessen wird ohne Hektik aber nicht zu langsam , während jede Nahrung intensiv gekaut wird, was der Verdauung zugute kommt.
  10. Kluge Kombinationen finden: Unausgewogenen und falsche Zusammenstellungen von Mahlzeiten gelten im Ayurveda als Auslöser von Beschwerden und Krankheiten, da sie das Agni stören. Die Richtlinien dabei sind vielfältig aber zumeist aus sich heraus logisch. Milch gehört beispielsweise nicht zu Saurem oder Salzigen sowie frische Früchte nicht zu gekochten Speisen.
ayurvedische Mahlzeit - ein Gemüsesalat mit Quinoa
Qualitativ hochwertige und frische Zutaten, idealerweise aus eigenem Anbau, entsprechen ganz dem ayurvedischen Konzept. (Bildquelle: Prudence Earl von unsplash.com)

Der Unterschied zu anderen Ernährungsarten und Diäten

Es zeigt sich schon anhand der zehn Grundsätze, dass die ayurvedische Ernährung keine Zielsetzung wie etwa Abnehmen hat. Vielmehr geht es um Ausgewogenheit und dem Körper guttuende Nahrung, sodass sich ein gesunder Organismus von selbst ergibt. Insofern gehört Ayurveda generell nicht in die Kategorie von Diäten, Fastenkuren oder ähnlichen.

Da außerdem möglichst viele Warmspeisen empfohlen sind, kommt es entsprechend selten zum Genuss von Rohkost, was bei vielen anderen Ernährungsweisen häufig der Fall ist. Auch bei Getränken wird zumeist eine warme Temperatur empfohlen.

Ein ganz entscheidendes Unterschiedsmerkmal ist schließlich die Ernährung nach sogenannten „Doshas“ – „Vata“, „Pitta“ und „Kapha“. Damit werden gewissermaßen Konstitutionstypen beschrieben, sodass es individuell mehr oder weniger geeignete Nahrungsmittel gibt. Für eine ayurvedische Ernährung sollte also zunächst ermittelt werden, welcher Dosha-Typ vorherrscht. [1]

Übrigens

Zur Ermittlung des eigenen Dosha-Typs gibt es einfache Tests. Diese finden sich beispielsweise im Internet sowie auch in entsprechender Literatur. Da die Konstitutionstypen sehr eindeutig beschrieben sind, gelingt die Einschätzung auch ebenso klar und schnell.

Welche Vorteile bringt die ayurvedische Ernährung?

Ein eindeutig positiver Aspekt der ayurvedischen Ernährungslehre ist, neben der Mäßigkeit, gewiss die Ausrichtung auf eine gute Verdaulichkeit und die Unterstützung des Vertrauungstraktes generell. Menschen mit entsprechenden Beschwerden erfahren somit eine gute Verträglichkeit. Ebenso wird auf Ausgewogenheit großen Wert gelegt, was ganz im Sinne moderner Ernährungsempfehlungen ist.

Überdies kommen bei ayurvedischen Rezepten vielfach Gewürze und dafür kaum Salz oder gar Zucker zum Einsatz. Tatsächlich zählt die ayurvedische Küche sogar zehn Königsgewürze: Nelke, Kurkuma, Ingwer, Kardamom, Koriander, Kreuzkümmel, Muskat, Pfeffer, Safran und Zimt. Das ausgiebige Nutzen der Gewürzpalette kommt dem Körper zugute und hilft gegen Bakterien und Viren. [2]

Nicht zuletzt entspricht die ayurvedische Ernährung sogar einem umweltschonenden und nachhaltigen Gedanken. Denn zum einen wird eine maßvolle und nur den Bedürfnissen entsprechende Ernährung empfohlen und zum andere sollen dabei möglichst regionale und saisonale Zutaten zum Einsatz kommen. Vielmehr noch wird im Ayurveda der Eigenanbau von Obst, Gemüse und Kräutern absolut begrüßt.

Was sagt die Medizin zur ayurvedischen Ernährung?

Bei tiefergehender Betrachtung der Hintergründe von Ayurveda ist sicherlich festzustellen, dass viele Aspekte dem heutigen wissenschaftlichen Standard nicht wirklich entsprechen und keine Evidenz besteht. So kann eine stets ausgewogene Ernährung allein gewiss nicht dafür sorgen, dass Krankheiten und Beschwerden ausbleiben. Auch die Verdauung funktioniert aus naturwissenschaftlicher Sicht weniger ganzheitlich, als es im Ayurveda dargestellt wird.

Nichtsdestotrotz decken sich, wie gesagt, die Richtlinien und Grundsätze der ayurvedischen Ernährung in fast allen Belangen mit der von Experten und Medizinern angeratenen gesunden Ernährungsweise. Insofern kann festgehalten werden, dass es aus medizinischer Sicht nichts gibt, was gegen eine Ayurveda-Ernährung spricht. Vielmehr noch ergänzt der Aspekt der Achtsamkeit und Nachhaltigkeit jene Empfehlungen von Medizinern, die allein auf den gesunden physiologischen Organismus gerichtet sind.

Frau beim Meditieren
Achtsamkeit und Bewusstsein nicht nur aber auch beim Essen ist Teil der ayurvedischen Ernährungslehre. (Bildquelle: Patrick Malleret von unsplash.com)

Wie ernährt man sich ayurvedisch?

Sich ayurvedisch zu ernähren hat, wie gezeigt wurde, wenig mit Verzicht zu tun. Die oft bestehende Annahme, es handele sich dabei um eine vegetarische oder vegane Ernährungsform entspricht nicht den Tatsachen. Im Ayurveda ist Fleisch, gleichwohl in geringem Maße, erlaubt. Ayurveda-Ernährung basiert vielmehr prinzipiell auf zwei grundlegenden Faktoren: Die Einteilung der Nahrung und die Einteilung der Menschen, die die Nahrung zu sich nehmen.

Die Klassen der Nahrungsmittel im Ayurveda

Grundsätzlich findet hinsichtlich der Lebensmittel eine Einteilung in drei verschiedene Klassen, sogenannte Gunas, an Erzeugnissen statt: Sattva-Guna, Rajo-Guna und Tamo-Guna.

  • Sattva-Guna: Zu dieser Klasse gehören Milchprodukte, Getreide, Früchte sowie Gemüse. Sattva-Lebensmittel sind entsprecht oft süß, saftig oder ölig. Ihnen werden lebensverlängernde das Lebensgefühl verbessernde Attribute zugeschrieben.
  • Rajo-Guna: Zu Rajo-Guna gehören bittere, saure, salzige, scharfe, trockene und heiße Nahrung, insbesondere Chili und Knoblauch. All diese erhitzen sowohl Körper als auch Geist und sind auch für Aggressionen ursächlich. Im weiteren Sinne gehören sogar Alkohol, Zigaretten und andere Drogen in diese Klasse.
  • Tamo-Guna: Fleisch und fisch aber auch überlagerte andere Lebensmittel zählen zur Tamo-Klasse und entziehen dem Körper viel Energie, sodass sie die Ursache für Schmerzen und Krankheiten sein können.

Trotz dieser Einteilung gibt es dahingehend per se kein Gut oder Schlecht und selbst eine generelle Ablehnung von Alkohol gibt es nicht. Im Ayurveda gilt Wein in geringem Maße sogar als Hilfsmittel gegen Müdigkeit.

Die Einteilung in Kapha-, Pitta- und Vata-Typen

Neben der Klassifizierung der Nahrung findet außerdem eine Klassifizierung der Menschen in drei verschiedene Konstitutionstypen, die Dosha, statt. Über die Ernährung soll ein Ausgleich der jeweiligen Charakteristika erfolgen, sodass der Körper im Einklang und somit gesund ist. Zu beachten ist, dass es auch Krankheiten und Beschwerden gibt, die vom natürlichen Dosha einer Person abweichen, wogegen dann eine entsprechende Ernährung individuell helfen soll.

  • Vata-Typ: Für den Vata-Typ sind Verdauungsstörungen, Obstipation und Untergewicht charakteristisch. Dies ergibt sich aus ihrem wechselhaften und unregelmäßigen Appetit sowie Empfindlichkeiten und Intoleranzen. Der Begriff Vata steht im Ayurveda für leicht, luftig und kalt. Die gegenteilige und also ausgleichende Nahrung ist daher warm, feucht, ölig und vollwertig. Als Geschmacksrichtungen werden salzig, sauer und süß empfohlen. Zudem sollen Vata-Typen keinesfalls auf das Frühstück verzichten und verdauungsfördernde Gewürze nutzen.
  • Pitta-Typ: Pitta steht für ein kräftiges Feuer und insofern auch für ein starkes Verdauungsfeuer im Pitta-Typ. Diese Menschen neigen daher zu starkem Appetit und Heißhunger. Bei ihnen sind warme sowie auch kalte Speisen empfohlen, allerdings muss besonders auf ein überschaubares Maß geachtet werden. Zudem sollen möglichst wenig fettige und scharf gewürzte Gerichte auf den Tisch kommen, derweil sind bitter, süß und herb die empfohlenen Geschmacksrichtungen. Das Mittagessen soll stets die Hauptmahlzeit sein und Sport als Ausgleich ist für Pitta-Typen besonders angeraten.
  • Kapha-Typ: Beim Kapha-Typ herrscht eine eher langsame Verdauung und ein ineffizienterer Stoffwechsel aber auch ein stetiger Appetit, auch auf Süßes. Daher ist bei ihnen eine Neigung zu Übergewicht. Diesem Dosha sollen warme und sättigende Speisen, wenig Fleisch aber viel Gemüse sowie bitterer, herber und scharfer Geschmack entgegen wirken. Hier gilt eine besondere Achtsamkeit auf den Unterschied zwischen Hunger und Appetit. Das Frühstück kann ein Kapha-Typ mitunter einmal auslassen, während das Abendessen aber nicht zu spät stattfinden soll.

Im Übrigen sei bei Kindern zumeist ein Kapha-Typ vorherrschend, der jedoch mehr im Rahmen gehalten statt gänzlich ausgeglichen werden soll. So soll das Wachstum nicht gehemmt werden. Die Lust auf Süßes sollte ebenfalls nicht unterdrückt aber mit Kohlehydraten gestillt werden.

Lohnen sich ayurvedische Kochbücher und andere Hilfsmittel?

Um die ayurvedische Küche voll auszukosten, braucht es freilich ein gewisses Geschick sowie Kreativität beim Kochen. Nicht jedem fällt es auf Anhieb leicht, in einem Gericht alle ayurvedischen Geschmacksrichtungen zu vereinen. Auch der Anwendung der gesamten Gewürzpalette stellt für viele gewiss ein Novum dar. Daher lohnt es sich für Anfänger, auf entsprechende Koch- oder Rezeptbücher zu vertrauen. Ayurvedische Kochbücher gibt es in großer Vielfalt.

Wichtig zu erwähnen ist außerdem, dass aufgrund der zunehmenden Popularität von Ayurveda in der westlichen Kultur inzwischen auch verschiedene ayurvedische Medikamente und Nahrungszusätze kursieren. Leider finden sich dazu auch immer wieder Berichte über teilst giftige Bestandteile und eine mangelhafte Qualitätskontrolle.

Wer tatsächlich auf solche Präparate und Produkte zurückgreifen möchte, muss in jedem Fall sicherstellen, dass es sich um eine seriöse Quelle handelt, die die nötigen Sicherheits- und Qualitätsstandards erfüllt. Im besten Falle werden dahingehend entsprechende Prüfungen, Qualitätssiegel oder ähnliches transparent nachgewiesen. Zu einer klassischen ayurvedischen Ernährungs- und Lebensweise gehören solche Hilfsmittel freilich in den seltensten Fällen. [3]

Quellen & Weiterführende Informationen
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